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Ein kleiner Beitrag zur Dorfgeschichte von
Buro
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Teil
6 ( 1939 bis 1945 )
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Das
Ende des
2. Weltkrieges
Vorab
ein Auszug
aus den Erinnerungen von Dr. Horst Fenge, der die letzten
Kriegstage als 19-jähriger Soldat in Buro erlebte :
So, 8.April. Panzerjagdkommando.
Mittags um 2 Uhr fährt unser
Pz.Jgd.Verb. Langenohl.in Potsdam auf Fahrrädern mit einer
Panzerfaust auf dem Gepäckträger los. Brütende Hitze.
Über
Treuenbrietzen, Wittenberg bis zum Dörfchen Buro (10 km vor
Dessau). Dort treffen wir gegen Abend ein. Der Hintern tut vom
ungewohnten Fahren und dem harten Sattel ganz schön weh. Bei
einem Bauern in der Scheune geschlafen.
Mo, 9.April. Für das Mittagessen Kartoffeln
geschält.
Der Pz.Jgd.Verband bleibt vorläufig in Buro. Wenig Dienst.
Schönes Wetter, Sachen instandgesetzt.
Di, 10.April. Unsere Bäuerin hat Geburtstag.
Es gibt
Kuchen. Nachm. kleine Übung mit Fahrrädern. Sonnig. Wie lange
wird es noch dauern, bis wir zum Einsatz gelangen. Wir gehören
zur Div.Scharnhorst. Fliegerangriffe auf die ganze Umgebung.
Mi, 11.April. Wir erhalten noch eine zweite
Panzerfaust.
Mittags gibt es eine fabelhafte Erbsensuppe. Nachmittags
plötzlich Alarm. Alles in Eile aufs Fahrrad gepackt.
Marschportion empfangen. Gegen 19 Uhr Abfahrt in Buro. Auf der
Autobahn, durch Dessau, das weithin ein Trümmerfeld ist, nach
Köthen, wo wir mit unserer Kp. nach Mitternacht eintreffen.
Nicht nur junge
Männer kamen durch den Krieg nach Buro oder Klieken, sondern
auch junge Frauen wurden ungewollt hierher verschlagen. So auch
Frau Gertrud Bischof aus Groß-Werther bei Nordhausen, die sich
wie folgt erinnerte. Hier ein kurzer, wörtlicher Auszug aus
ihren Aufzeichnungen, welche sie 1993 vefasst hat:
....nach
längerer
Nachtfahrt hielt der Zug auf freier Strecke und als es hell
wurde, haben wir festgestellt, dass wir bei Halle waren. Wohin
nun? Ich glaubte, dass wussten unsere Begleiter auch nicht.
Irgendwo hat man uns dann ausgeladen und anstatt uns nach Hause
zu lassen, hat man uns in die Nähe von Dessau-Rosslau nach
Klieken gebracht. Hier lebten wir in alten Baracken, die im
Schnee steckten. Es war kalt und wenn wir es warm haben wollten,
mussten wir uns Holz im nahen Wald holen. Außer dieser
Beschäftigung hatten wir die ganze Zeit nichts zu tun. Es war
langweilig! Als das Wetter wieder etwas schöner war, wurden auch
wir wieder verladen... Nach Zirndorf bei Nürnberg brachte man
uns........
(Dieser Auszug aus
den Erinnerungen wurde mir freundlicher Weise von ihrem Sohn,
Herrn Udo Schröter, zur Verfügung gestellt)
Tiefflieger der
Alliierten machten im Frühjahr 1945 jagt auf alles was sich am
Boden bewegte. Insbesondere die Bestellung der Felder war
lebensgefählich.
Aus dem
kirchlichen Sterbebuch für Buro geht hervor, daß am 15.April
1945 der Panzer-Grenadier Gerhard Pollin ( * 30.07.1926 in Bornstedt
- † 15.4.1945 ) aus
Marienborn Kreis
Haldensleben und der Kanonier Timitri Olynowsky ( der Familienname kann
fehlerhaft sein, weil schwer zu entziffern) ( * 12.02.1924 in Golzina
/Rußland - † 15.4.1945) gegen
14.00 Uhr Opfer durch
Tieffliegerbeschuß in einem Zuge auf freiem Acker wurden. Beide
wurden am nächsten Tag mit militärischen Ehren durch einen
Wehrmachtspfarrer auf dem Buroer Friedhof nach Einbruch der
Dunkelheit beigesetzt.
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Nachdem Zerbst am 28.
April
1945 durch die Amerikaner eingenommen worden war, bestand das
weitere strategische Ziel darin, sich mit Roten Armee zu
vereinigen. Diese Aufgabe sollte die 113. Cavalry Group
übernehmen. Das war eine Panzeraufklärungsabteilung, die der
83. Division unterstellt war und aus der 113. und 125. Cavalry
Reconaissance Squadron bestand, diese verfügte insgesamt über
60 gepanzerte Fahrzeuge, also Panzer,
Schützenpanzer, Jagdpanzer und Panzerspähwagen.
Man
wollte nach Osten und Südosten marschieren und somit bis zu
einer Linie Hundeluft - Zieko und entlang der Reichsautobahn bis
östlich von Klieken vorstoßen.
Die
Operation
begann am 29.April um 6.30 Uhr. Die 125. Cavalry Resconaissance
Squadron (Bataillon) erreichte gegen 10.00 Uhr Roßlau an der
Elbe, ohne auf
Widerstand zu stoßen. Zu Kämpfen kam es dann westlich von
Klieken auf der heutigen Bundesstraße 187, wo sich eine
Straßensperre befand, die von einer deutschen Einheit fanatisch
verteidigt wurde, was zu Verlusten bei den Amerikanern führte.
Zwischenzeitlich wurde im Norden durch die C-Kompanie Luko durch
eine kampflose Übergabe eingenommen und gegen 15.00 Uhr
erreichte man das ca. 3 Kilometer entfernte Düben. In Düben
kam
es zu einem Zwischenfall. Ein 37-jähriger deutscher Oberleutnant
wurde erschossen, weil er wahrscheinlich die Hände zu langsam in
die Höhe hob. Die A-Kompanie sollte weitere Verluste vermeiden
und umging die Straßensperre bei Klieken in Richtung Norden, um
der C-Kompanie zu folgen. Die A-Kompanie bekam den Auftrag,
weiter östlich durch die Wälder des Fläming zu
marschieren und
Kontakt zu den Russen zu suchen, die bei Cobbelsdorf vermutet
wurden. Ein Zug der A-Kompanie und ein Pionierzug des 30.
Pionierbataillons erhielten den Befehl, die noch vorhandene
Straßensperre bei Klieken endgültig auszuschalten, um eine
ungehinderte Straßenverbindung zwischen Zerbst und Coswig
/ Anhalt herzustellen. In Düben standen Teile der 9. US-Armee. Von
Jessen, Wittenberg und Cobbelsdorf rückte die 1.Ukrainische
Armee vor und trieb viele Flüchtlinge vor sich her. In Zieko war
deshalb für viele Endstation. Hier hatten sich Einheiten der
Wehrmacht und der Waffen-SS verschanzt. Die US -Truppen schickten
als Parlamentär den Dübener Bürgermeister Otto Frenkel
nach
Zieko. Die deutschen Verbände lehnten jedoch eine kampflose
Übergabe ab. Daraufhin beschossen aus Richtung Düben Panzer
das
Dorf. Drei Scheunen bzw Stallungen gingen in Flammen auf und zwar
die von Karl Krause, Reinhold Siebert und Hermann Friedrich. Ein
Ritterkreuzträger zwang mit gezogener Pistole die deutschen
Soldaten zum Kampf, die für diese Sinnlosigkeit nicht mehr
sterben wollten und sich in die niedrigen Keller der Bauerngehöfte
zurückgezogen hatten. Er trug seine Pistole zu dieser Zeit immer
griffbereit im Stiefelschaft. Zwei Ziekoer Einwohner, der
14-jährige Fritz Puhlmann und die etwas ältere Charlotte
Lehmann wollten mit einer weißen Fahne den Amerikanern
entgegenlaufen, um eine Zerstörung des Ortes zu verhindern.
Dabei wurden sie erschossen. Bislang wurde immer behauptet, daß
beide von der SS hinterrücks erschossen wurden. Mein
Großvater,
Karl Krause, war aber davon überzeugt, daß es so nicht
gewesen
sein kann, weil zu diesem Zeitpunkt keine SS-Verbände mehr dort
anwesend waren. In dem Schußfeld lagerten zu diesem Zeitpunkt
nach seinen Angaben jedoch auch verschiedene ausländische
Zwangsarbeiter, die dort auf das Kriegsende warteten. Von wo die
Schüsse also genau kamen, kann heute mit Sicherheit niemand mehr
sagen. Am 29.April wurden ebenfalls noch mehrere deutsche
Soldaten durch die SS liquidiert, weil sie sich mit Zivilkleidung
versorgt hatten.
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In Zieko
kamen in den letzten Kriegstagen ums
Leben:
( Keine
Gewähr
auf Vollständigkeit )
Name |
Vorname |
Dienstgrad |
Geburtsdatum |
Todesdatum |
Geburtsort |
Burfeindt |
Dietrich |
Wachtmeister |
10.06.1916 |
29.04.1945 |
Elm |
Vallowe |
Wilhelm |
Fähnrich |
12.10.1919 |
29.04.1945 |
-
|
Schmieding |
Wilhelm |
Wachtmeister der Res. |
08.03.1917 |
29.04.1945 |
Lindfurt |
Baumgärtner |
Friedrich |
Feldwebel |
05.12.1919 |
29.04.1945 |
Ramburg |
Schreiber |
Harry |
Obergefreiter |
16.01.1922 |
29.04.1945 |
Pabianice |
Kolba |
Fridolin |
Gefreiter |
13.04.1920 |
29.04.1945 |
Lindfurt |
Brandt |
Heinz |
Kanonier |
09.12.1921 |
29.04.1945 |
Beuten |
Römer |
Käte |
- |
02.02.1923 |
29.04.1945 |
Solingen-Wald |
Lehmann |
Charlotte |
- |
15.01.1921 |
30.04.1945 |
Apollensdorf |
Puhlmann |
Fritz |
- |
31.05.1931 |
30.04.1945 |
Zieko |

Die
Gräber der o. g.
Opfer auf dem Friedhof in
Zieko.
(Foto: R. Hummel)
Nach der Einnahme von Zieko durch US-Truppen und der folgenden
Übernahme des Dorfes durch die Rote Armee wurden noch weiterhin
Zivilisten willkürlich erschossen:
- am 20.Juni 1945 verstarb in Zieko Anna Mehlhase, geb.
Höhne an einer Schußverletzung. Sie wurde am
22.01.1875 in Köselitz geboren.
- am 13. November 1945 wurde in Zieko Friedrich Franz Grey,
Landwirt und zu dieser Zeit Bürgermeister von Zieko, von den
Russen erschossen. Er wurde
am 27.09.1894 in Zieko geboren und war der Sohn von
Hermann Grey und Alwine, geb. Winkelmann
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Die C-Kompanie nahm
trotz des Widerstandes Zieko am 29. April gegen 17.00 Uhr ein.
Der kommandierende deutsche General Radtke hatte sich da bereits
aus Zieko abgesetzt. Um jedoch Verluste zu vermeiden, zogen sich
die Amerikaner nach Düben zurück und brachten sich in der
Nacht
dort in Stellung. Im Laufe des Tages wurden durch das Squadron
ungefähr 3000 Gefangene gemacht deren Abtransport
Schwierigkeiten bereitete. Ein langer Zug von Gefangenen zog auch
über die Dorfstraße von Zieko. Die US-Truppen gaben nur ein
kurzes "Gastspiel". Am nächsten Tag um 7.00 Uhr brach
die C-Kompanie auf, um Coswig / Anhalt einzunehmen. Die Stadt
wurde am 30.
April gegen Mittag durch den stellvertretenden Bürgermeister
übergeben und
war gegen 10.00 Uhr bereits völlig besetzt. Der
Bürgermeister, Hans Naue,
und der Ortsgruppenleiter der NSDAP, Kirchner, waren da bereits
geflüchtet bzw. versteckten sich.
Der stellvertretende Bürgermeister, Rechtsanwalt und Notar Karl
Briedenhahn, ist den amerikanischen Truppen mit einer weißen
Fahne
entgegengefahren. Briedenhahn erreichte damit
die kampflose Übergabe der Stadt und ersparte den Einwohnern viel
Leid und Blutvergießen auf beiden Seiten. Leider erinnert heute
nichts mehr in der Stadt an diesen mutigen Mann.
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Die Amerikaner stießen nun auch von
Roßlau kommend nach Coswig vor. Am 30. April wehten in den
Straßen von Buro die weißen Fahnen. Am gleichen Tag gegen
8.45 Uhr wurde Buko eingenommen. Hier gab es noch seitens der Wehrmacht
Widerstand, der aber ohne amerikanische Verluste schnell gebrochen
wurde, so daß gegen 12.20 Uhr bereits Wahlsdorf erreicht wurde.
Bei Cobbelsdorf gerieten die Amerikaner
unter schweres Feuer. Wie sich später herausstellte, waren das
russische Kampftruppen, die im Raum Senst - Pülzig Stellung
bezogen
hatten, um Cobbelsdorf, das noch von deutschen Verbänden
verteidigt wurde, zu erobern. Die 6. Gardeschützendivision der
13. Armee der 1. Ukrainischen Front sollte von dort aus
nordwestlich in den damaligen Kreis Zerbst vorstoßen. Eine
Kontaktaufnahme gestaltete sich äußerst schwierig.
Schließlich
gelang sie zwischen dem 3. Zug der C-Kompanie und dem 1.
Bataillon des 320. Regiments der 121. Gardeschützendivision. Sehr
hilfreich war hierbei die Tatsache, daß der russische Verband
eine sehr gut englisch sprechende Dolmetscherin in ihren Reihen hatte.
Ein
Treffen fand um 13.20 Uhr auf der Südwestseite von Apollensdorf
bei Wittenberg statt. Es wurde vereinbart, daß sich die
amerikanische C-Kompanie bis Klieken und der Rest der Einheit bis
Roßlau zurückziehen. |
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Die kampflose Übergabe der Stadt Coswig
erfolgte durch Zivilpersonen - ortsansässige Frauen und den
amtierenden Bürgermeister Briedenhahn.
(Quelle:
Disobeying Hitler: German Resistance After Valkyrie - Seite 429) |
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Zwischen
Maj. Gen. Robert C. Macon und Oberst Georgi Iwanow, dem sowjetischen
Kommandeur der 6. Gardeschützendivision, kam es am Mittag des 1.
Mai zu einem Treffen im russischem Gefechtsstand in Cobbelsdorf. Der
amerikanische General informierte den russischen Befehlhaber
darüber, daß er seine 83. Division westlich der Elbe
zurückziehen werde, sobald die sowjetischen Truppen zur Elbe
vorrücken. |
Oberst Iwanow
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General Macon
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Am
1. Mai 1945 begann dann
der weitere Vormarsch der Roten Armee durch Truppenteile der 13.
Armee der 1. Ukrainischen Front. Sie gingen über Coswig /
Anhalt in
Richtung Roßlau und Zerbst vor und nahmen dieses Gebiet in
Besitz. Für viele Einwohner begann nach den Schrecken des
Krieges eine weitere schlimme Zeit, die insbesondere viele Frauen
und Mädchen nicht mehr vergessen haben. Sie wurden in der
Anfangsphase der Besetzung durch die Rote Armee Opfer von
Vergewaltigung und Verschleppung. Die Plünderungen und
Vergewaltigungen unmittelbar nach Kriegsende haben das negative
Image der Roten Armee bis heute in der Generation unserer Eltern
und Großeltern stark verankert. Junge Frauen hüllten sich in
alte Lumpen und beschmierten ihr Gesicht mit Ofenruß und Asche,
um den
Nachstellungen der sowjetischen Soldaten zu entkommen. Entkommen
hieß hier, erst einmal Coswig erreichen, denn in einer
Kleinstadt konnte man sich besser verstecken und das gab eine
gewisse Sicherheit. Die Befreiung durch die Rote Armee, war für
meinen Großvater Karl Krause aus Zieko erst einmal die
"Befreiung" von allem Vieh was er hatte. Die Rote Armee
trieb große Rinderherden gen Osten und viele Deutsche wurden als
Viehtreiber und Melker gleich mitgenommen. Ihre Spur verliert
sich oft bis heute. Deutschland hatte den Krieg begonnen und vor
allem in der Sowjetunion verbrannte Erde hinterlassen. Das darf
man hierbei nie vergessen, so hart und ungerecht diese
Plünderungen auch für den Einzelnen waren. Mit dem Einmarsch
der Roten Armee wurden auch umgehend die Befehle der SMAD
(
Sowjetische
Militäradministration in Deutschland ) wirksam. Mit dem Ziel der
" Entnazifizierung " wurden von 1945 bis zum Ende der
50er Jahre Hunderttausende verhaftet und in Sonderlager bzw.
Speziallager der
sowjetischen Geheimpolizei NKWD gesperrt. [ NKWD, Abk. für Narodny
Komissariat Wnutrennich
Del (Volkskommissariat des Inneren der
UdSSR), sowjet. Geheimpolizei, hervorgegangen aus der 1917
gegründeten Tscheka und der 1922 eingerichteten GPU, nach
Stalins Tod (1953) zum KGB umgewandelt. ] Unter unsagbaren Bedingungen kamen dort Tausende ums Leben.
Ihre Spur verliert sich oft bis heute. |
Auch Buroer und
Kliekener
Einwohner wurden Opfer der willkürlichen Verhaftungen durch den
NKWD und ihren deutschen Handlangern in der Sowjetischen
Besatzungszone (SBZ) und der am 7.Oktober 1949 gegründeten
Deutschen Demokratischen Republik.
Der
letzte
Domänenpächter, der im Dorf nur der Amtmann genannt wurde,
war
Philipp Bennecke, geboren am 28.04.1882 in Unseburg. Er war Teilnehmer
des 1. Weltkrieges,
Hauptmann und schließlich Major der Reserve. Philipp Bennecke
wurde im August ( eventuell auch später ) 1945 verhaftet, dann
verschleppt und kam Anfang1946 ( wahrscheinlich am 23.03.1946) im
Speziallager des NKWD in Torgau ums Leben. Nach
Augenzeugenberichten war er am 30. November 1945, als die
Enteignung von großbäuerlichen Besitz vorgenommen wurde,
noch
auf dem Bahnhof in Coswig / Anhalt gegenwärtig. Er soll aber
sehr schwer erkältet gewesen sein - wahrscheinlich
Lungenentzündung. Seine Frau Marie Bennecke, geb. Meyer, (*
07.09.1884 in Börnecke) verstarb 77-jährig am 18.Mai 1962 in
Blankenburg / Harz. Philipp
Bennecke war seit 1911 Pächter der damals noch herzoglichen
Domäne in Buro. Er heiratete
am 26. September 1912 in Börnecke Marie Luise Eleonore Meyer,
Tochter des Amtmanns Erich Meyer in Börnecke und seiner Frau
Ella Meyer, geb. von Windheim. Philipp Bennecke hatte noch
fünf Geschwister. Der jüngste Bruder war Hans Joachim
Rudolph Bennicke, genannt Jochen. Er hat sich am 11. März
1945 beim Einmarsch der Kampftruppen der Roten Armee zusammen mit
seiner Frau Barbara auf ihrem Gut in Alt-Marrin-Kuhagen / Keis Kolberg
in Pommern das Leben
genommen. Jochen war häufig in Buro anzutreffen.
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Philipp
Bennecke,* 28.04.1882 - † 23.3.1946 und seine Frau
Marie Luise Eleonore, geb. Meyer * 07.Sep.1884 in Börnecke - 18.
Mai 1962 in Blankenburg / Harz. Sie heirateten am 26.09.1912. Das
Ehepaar hatte keine Nachkommen. Das Foto entstand um 1937.
>Der
Stammbaum der Familie Bennecke <
Ich
vervollstädige
ständig diesen Familienstammbaum .
Für
weiter Angaben und Hinweise wäre ich dankbar.
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Andere Dorfbewohner,
insbesondere die Angehörigen des Volkssturmes, wurden ebenfalls
willkürlich inhaftiert und abtransportiert. Man muß dazu
sagen,
daß es in Buro keine Kämpfe mit amerikanischen Kräften
oder
der nachrückenden Roten Armee gab. Die Aktivitäten des
Volkssturmes, dem letzten Aufgebot des Dritten Reiches,
beschränkten sich auf die Errichtung von Panzersperren. Alle
waffenfähigen Männer von 16 bis 60 Jahren konnten sich nicht
dem Volkssturm entziehen. So
wurden auch östlich von Buro am alten Kantorweg (Feldweg)
Schützengräben ausgehoben. Dabei kamen auch die sog.
"Ostarbeiter", die in Buro bei den verschiedenen Bauern
in der Landwirtschaft arbeiten mußten, zum Einsatz. Sie
wurden dabei, weil auch sie das Ende des Krieges vor Augen hatten
und nicht noch umkommem wollten, von Emil Knape brutal
angetrieben. Unmittelbar nach Kriegsende machten sie dann Jagd
auf Emil Knape, der dann durch die Straßen von Buro um sein Leben
rannte und sich vorerst
verstecken konnte, sonst hätte man ihn wohl gelyncht.
Am 14. Mai 1945
wurden viele Buroer verschleppt. So auch der Arbeiter Friedrich
Knape, geb. 01.11.1903, der über Stettin nach Sumy in die
Ukraine kam. Die letzte Nachricht erhielt seine Frau Marie mit
Datum vom 8. Januar 1947. Friedrich Knape dessen Sohn und Bruder
bereits gefallen waren überlebte die Lagerhaft nicht. Er
verstarb am 18.Januar 1947. Die Todesnachricht traf erst 50 Jahre
später, vier Jahre nach dem Tod seiner Frau, bei der Familie ein. |
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Der
Arbeiter Friedrich Knape war Kommunist. Er wurde wahrscheinlich beim
NKWD denunziert und ist deshalb verschleppt worden.
Sein
Arbeitsbuch des Deutschen Reiches hat folgende Eintragungen:
-
Kenntnisse als
Erntehelfer
- von 1925 -
1927 Farbenwerk Coswig
/ Anhalt
- 1928
Kieselgurarbeiter
- 1928 - 11.12.
1930 Bauarbeiter
- 01.12.1931 -
April 1932
Brunnenbauer
- 04.04.1932 -
11.06.1932
Notstandsarbeiter
- 01.3.1934 -
Mai 1934 Forstarbeiter
- 23.06.1934 -
10.01.1935
Tiefbauarbeiter
- 25.03.1935 -
15.08.1935
Bauarbeiter
- 16.08.1935 -
27.08.1935
Chemiearbeiter
- 22.10.1935 -
28.12.1935
Bauarbeiter
-15.02.1936 -
30.09.1943
Hofarbeiter bei der Westf..-Anhalt. Sprengstoff AG ( Wasag )
- ab 01.10.1943
Kesselheizer bei
der Wasag-Chemie Aktiengesellschaft, Werk Coswig / Anhalt
Friedrich
Knape war also ein " lupenreiner" Arbeiter. Aber auch das
beschützte ihn nicht vor der Willkür der sowjetischen
Geheimpolizei.
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Die
willkürlichen
Verhaftungen liefen nach keiner Logik ab und hatten damit auch in
keiner Weise etwas mit Schuld oder Unschuld der betroffenen
Einwohner zu tun.
Spurlos
verschwunden ist : Friedrich, Irene aus Buro ( * 12.02.1928 - †
nicht bekannt ) (Schwester von Walter
Friedrich †, )
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Irene Friedrich als
ungefähr
10-jährige Schülerin
der
Dorfschule in Buro um
1938.
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Vor Ort
erschossen
wurde: Frau Hilde Kittler aus Buro, * 13.06.1903 - † 26.07.1945.
Hilde Kittler wollte ihre
Tochter vor der Vergewaltigung durch Angehörige der Roten Armee
schützen. Als sie deshalb gegen 3.00 Uhr die Haustür
öffnen
mußte, wurde sie brutal von den Russen erschossen. Es wird auch
behauptet, dass die Russen durch die noch geschlossene Haustür
geschossen hätten. Frau Kittler
wohnte in einem Einzelgehöft an der heutigen Bundesstraße
187
zwischen Buro und Coswig / Anh.
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Das Grab von Hilde Kittler auf dem Friedhof in Buro.
( Das Grab wurde 2011 durch
Einwohner des Dorfes erneuert.) |

( Zur Vergößerung auf die Fotos klicken )
Fotos: Rainer Hummel, 2014
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Vor
Ort in Buro
wurde auch der Landwirt und Fleischer Karl Schünhoff ( * 18.01.1902
- † 09.05.1945 ) erschossen.
Karl Schünhoff, der Sohn des
Buroer Schmiedemeisters Eduard Schünhoff und Bruder von
Schmiedemeister Friedrich Schünhoff, war Junggeselle und lebte
mit seiner Mutter zusammen
im Winkel Nr.7. Die Russen
verlangten seine Frau. Er sagte, daß er unverheiratet ist. Die
Rotarmisten glaubten seinen Beteuerungen nicht und töteten ihn
durch Kopfschuß am 9. Mai 1945 um 21.30 Uhr. Einen
Gedenkgottesdienst zur Beerdigung muß es nicht gegeben haben,
denn erst am 15. Juli 1945 um 15.00 Uhr wurde in der Buroer Kirche
nachträglich ein Gedenkgottesdienst für Karl Schünhoff
abgehalten.
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Andere
Dorfbewohner hatten Glück. Der Bauer Karl Thiele wurde bei den
Russen denunziert. Wahrscheinlich war dies ein Racheakt im Zusammenhang
mit der Denunzierung von Friedrich Knape. Er wurde zu seiner
Feldscheune im Garten seines Bauerngehöftes geführt und
mußte dort das eingelagerte Stroh mit einer
Stange durchkämmen. Dabei kamen zwei Karabiner zum Vorschein. Wie
diese dort hingelangt waren, konnte er nicht erklären. Damit war
seine sofortige Erschießung besiegelt. Seine Frau Martha lief
geistesgegenwärtig zu Gottlieb Butt. Dieser wohnte vom Gehöft
der Thieles nur einen Steinwurf weit entfernt. Er beherrschte die
Sprache und kannte die Mentalität der Russen wie kein anderer im
Dorf. Als Gottlieb das Gehöft betrat, stand Karl schon vor dem
großen Scheunentor und wartete auf seine Erschießung.
Gottlieb verhandelte mit den Soldaten. Was er sagte, weiß
niemand. Sie ließen jedoch vom Landwirt Karl Thiele ab und
erschossen ihn nicht. (Nach Informationen von
Christa Schwarz aus Buro,†
2010
)
Gottlieb
Butt ist nach dem 1. Weltkrieg als Deutscher aus Sowjetrußland
vertrieben worden und hatte in Kamenka (Ukraine) seine Kindheit und
Jugend verbracht. Als junger Mann hatte er Russland durchwandert und
war bis zur koreanischen Grenze gelangt. In Lyk (Ostpreußen)
lernte er seine Frau
Käthe kennen und lieben. Mitte der 20iger Jahre des letzten
Jahrhunderts ist er mit Frau und einem Sohn (Waldemar) nach Buro
gekommen und baute sich hier 1936 in der Kirschbaumreihe ein Haus.
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Gottlieb
Butt um 1960,
†
25.02.1962
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In
der Sowjetunion
kam um: Kählitz, Hermann - Reichsbahnangestellter aus Buro, geb.
17.06.1904 verstorben am 22.12.1945 im Kriegsgefangenenlager 6348
bei Brest-Litowsk. Hermann Kählitz ist anstelle seines Vaters, der
Bürgermeister im Ort gewesen war, abtransportiert worden. Er
hatte die Hoffnung, dass er Weinachten wieder
bei seiner Familie sein
werde.
Ausschnitt aus dem Hochzeitsfoto von
H. Kählitz
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IIm
Sonderlager Buchenwald des NKWD
kam um: Hagendorf, Emil - Haumeister bei der Forst, geb.1894, gestorben
am
9.Mai 1947. |
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Emil Hagendorf
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In der
Haftanstalt
Waldheim kamen um : Knape, Emil - Landwirt aus Buro, geb 1891,
verstorben am 9. Juli 1951.
Aus dem
Lager
Trebbin (eventuell auch Brandenburg) wurde entlassen: Hinze,
Friedrich - Landwirt aus Buro.
Aus der
Sowjetunion wurde entlassen: Radon, August - Stellmacher aus
Buro. August Radon sprach gut russisch. Vielleicht rettete ihn
das.
Aus dem Lager Trebbin wurde
entlassen:
Gorzitze, Hermann Karl
(*08.09.1896 in
Schmiegerode - †
26.01.1950 in Buro) - Kutscher und Chauffeur auf der Domäne in
Buro. Außerdem war er Deichwärter, Gemeinderat und
Kirchenältester.
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Hermann Gorzitze als Chauffeur
der Domäne in Buro, um
1914 |
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In
Klieken wurde der
Bahnhofsvorsteher aus Coswig Friebel, Friedrich erschossen.
Aus dem Lager Buchenwald
wurde entlassen: Dänzer, Hans - Vorarbeiter aus Klieken geb. 1893
entlassen Juli 1948.
Aus dem Lager
Mühlberg wurde 1948 entlassen: Voigt, Julius - Schmiedemeister in
Klieken, geb.
02.10.1888 in Leitzkau - gestorben am 28.02.1964.
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Julius
Julius Voigt war Liebhaber eines "edlen"
Ziegengespannes.
Hier um 1958 |
Aus
unbekannten Lager
wurde entlassen: Mucha, Franz - Landwirt aus Klieken, geb. 1890
entlassen im Juli 1948.
Die
"Russen" sollten nun
für fast 50 Jahre bleiben. In Buro bestand bis Mitte der 50-iger
Jahre eine Kommandantur. Das Verhältnis zu den "Russen" entspannte
sich im Laufe der Zeit. Echte Freundschaften hat es wohl nicht oder nur
sehr selten gegeben. Letzten Endes standen die sowjetischen
Streitkräfte in Deutschland bis zu ihrem Abzug
außerhalb des Rechtssystems der DDR. Private Kontakte zu
ihnen waren nicht erwünscht.
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